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1. Theil 2 - S. 52

1867 - Breslau : Max
50 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. mit den Schwertern holen.*) Drohend gingen die Boten fort. Im Frühjahr 933 erschien ein ungeheueres Heer Ungern. Der Schrecken ging vor ihnen her; sie verwüsteten und verbrannten alle Felder und Oerter, die sie erreichten. Viele Männer wur- den ermordet, Weiber und Kinder als Sklaven mitgeführt. So kamen sie in die Gegend von Merseburg; hier, glaubten sie, sei ein Schatz verwahrt. Heinrich eilte schnell herbei mit allen Mannen, die er beisammen hatte, und lagerte sich auf einem Hügel, von welchem er mehrere Tage in das Blachfeld, wo die Ungern im Lager standen, hinabstieg, um seine Leute an den An- blick der wilden Krieger zu gewöhnen. Ehe er die Schlacht wagte, schickte er eine Reiterschaar in einen hohlen Weg in die Seite der Ungern, um von da zur rechten Zeit hervorzubrechen. Nun sammelte er alle Mannen um sich, ermahnte sie, auf die göttliche Hülse zu vertrauen; dort, sagte er, stehe der gemeinsame Feind; das Vaterland fordere Rache; männlicher Muth werde sicherlich über die Wildheit des Feindes siegen. Mit Vertrauen blickte das Heer auf zu dem Bilde des Engels aus der hochflatternden Reichsfahne und hin auf den König, der, vor Allen hervorragend, sie in das Feld hinabführte. Als er nun dicht vor dem Feinde stand, betete er — und das ganze Heer mit ihm — noch einmal zu Gott um Sieg, gab das Feldgeschrei: „Herr, erbarme dich!" und nun ließ er einbrechen. Zugleich stürzten die im Hohlwege verborgenen Reiter hervor in den Rücken der Ungern, die zu- letzt, an Allem verzweifelnd, sich zur schleunigen Flucht wandten. Die wenigsten sahen ihr Vaterland wieder; viele wurden in der Schlacht, Viele auf der Flucht von den aufgebrachten Bauern erschlagen. In ihrem verlassenen Lager fand man die ganze Schaar der zusammengebundenen Weiber und Kinder, die nun *) Recht naiv drückt sich darüber eine Chronik aus dem 15. Jahrhundert in dem damals gebräuchlichen Dialekt aus: „Do zcogin dy Ungirn in Doringen unde vordirtin jerlichen zcinß von den Doringin, unde von den andern Dutz- schin. Do sante Konnig Henrich en zcu zcinse eynen schebcchtin Hunt, deine wa- rin dy orin unde der zcagil abegesnetin, unde enpod en, wer eynen andirn zcinß von den Doringin habin Wolde, das her queme, unde holete en, wanne her wolde." D. i.: „Da zogen die Ungern nach Thüringen, und forderten den jährlichen Zins von den Thüringern und von den andern Deutschen. Da sandte König Heinrich ihnen zum Zins'einen schäbichten Hund, dem waren die Ohren und der Schwanz abgeschnitten, und entbot ihnen, wer einen andern Zins von den Thüringern haben wollte, daß er käme und holte ihn, wann er wollte."

2. Theil 2 - S. 57

1867 - Breslau : Max
Die Ungern in Franken und Belgien. 55 indessen heftig angegriffen und keine Art des Geschosses geschont. Dagegen wehrten sie sich nach ihren besten Kräften, und Knechte, Cleriker und Mönche,' obgleich diesem Orden das Handhaben der Waffen verboten ist, widerstanden, da es aus Erhaltung des Le- bens ankam, in einem Haufen zusammengedrängt, mit Nachdruck. Da sie aber doch endlich an der Rettung verzweifelten, hörte man sie nach gewohnter Weise rufen: Herr! o Herr! erbarme dich! — und: Heiliger Ursmar, hilf, o hilf uns! — Schon umarmten stch die Unglücklichen zum letzten Male und nahmen für immer Ab- schied, jeden Augenblick die Uebergabe erwartend — siehe! da flogen, zum Zeichen, daß sich Gott ihrer erbarmt habe, zwei Tau- den hinter dem Altare hervor. Sogleich erfolgte ein heftiger Re- gen, welcher die Sehnen der feindlichen Bogen erschlaffte und die Geschicklichkeit der Ungern zu Schanden machte. Da kam eine solche Furcht und ein solches Grauen über diese, daß sie ihre Flucht beschleunigten und die Anführer selbst nüt Knuten aus Die einhieben, welche noch verweilten." So und noch ärger ging es zu überall, wohin die Ungern kamen, und wir haben noch mehrere grausenhafte Beschreibungen ihrer Unthaten von Augenzeugen übrig. Zu Anfang des Jah- res 955 erhielt Otto, da er gerade in Sachsen war, Eilboten aus Baiern: er möchte doch schnell zu Hülfe eilen; die Ungern wären in furchtbarer Menge wieder eingefallen. So war es auch wirklich. Durch Oestreich waren sie gekommen und drangen, wie gewöhnlich, alle festen Städte vermeidend und alle offenen ab- brennend, bis an den Lechfluß vor, wo sie Augsburg an- griffen , weil sie es für die Niederlage aller großen Reich- thümer der umliegenden Länder hielten. Die Bürger der Stadt überließen sich der Angst und Verzweiflung; da war ihnen der ehrwürdige Bischof der Stadt, Udalrich, eine rechte Stütze. Er sammelte sie zum Gebet vor dem Altare des Herrn, sprach den Muthlosen Muth ein und verwies sie auf Den, von dem allein alle Hülse in der Noth kommt. Da er aber wohl, erwog, daß jeder unthätige Glaube ein verkehrter ist, so munterte er auch die Bürger zur genauen Bewachung der Mauern auf und schickte dem Otto Boten entgegen, seine Schritte zu beflügeln, damit er für die geängstigte Stadt nicht zu spät komme.*) Otto kam eilends *) Der fromme Udalrich (Ulrich) liegt in Augsburg in einer ihm geweih- ten großen und schönen Kirche begraben und wird hier von den Katholiken als Heiliger verehrt.

3. Theil 2 - S. 93

1867 - Breslau : Max
Heinrichs Iv. letzte Tage. Konrad, dessen isohn. 91 wer den Sieg habe. „Ihr, Herr!" sagten die Umstehenden. Darauf sank er zurück und sprach: „Nun leide ich freudig lebend und sterbelid, was der Herr will; nun -kümmert mich der Tod nicht, wenn ich ihn mit der Ehre des Triumphs empfange!" — So starb er. Sein Grabmal sieht man noch in der Domkirche von Merseburg, wo auch seine freilich nun sehr verdorrte Hand noch gezeigt wird. Rudolphs Tod war für Heinrich ein großes Glück. Viele seiner Feinde verlöret! nun den Muth; andere hielten den Tod des Gegenkaisers für ein Strafgericht Gottes und schlossen sich wieder all den rechtmäßigen Kaiser an. So nahm Heinrichs Par- tei mit jedem Tage zu, und endlich war er so mächtig, daß er nach Italien gehen und dort seinen Todfeind, den Papst, angrei- fen kotinte. Er erklärte diesen für abgesetzt und ließ einen Erz- bischof zum Gegenpapste wählen. Dennoch blieb der eiserne Gre- gor unerschüttert, und je weiter Heinrich gegen Rom vordrang, desto wüthender schleuderte er den Bannstrahl auf ihn. Dies Mal half es aber nichts. Heinrich belagerte wirklich Rom; aber bis ins dritte Jahr lag er davor, ehe er es einnehmen konnte, und nun ließ er geschwind seinen Papist einweihen. Gregor da- gegen zog sich itl die Engelsburg (das Grab Hadriansj zurück, und schon glaubte Heinrich ganz sicher, daß er ihm nicht entrin- nen könnte — als er ihm plötzlich entführt wurde. Die Nor- männer nämlich, d. i. die Dänen und Norweger (rauhe, kühne und in der Seefahrt gewandte Männer) hatten tiach der Zeit Karls des Großen verwüstende Einfälle in niehrere Länder ge- macht und sich in einzelnen Schwärmen da und dort, z. B. in England und Nord-Frankreich, angesiedelt. Ein solcher Schwarm war gar bis Neapel geschifft und hatte sich zum Herrn von ganz Unter-Italien geniacht. Diese Normannen waren es, die jetzt plötzlich unter ihrem ritterlichen Herzoge Robert Guiscard in Rom erschienen, den Papst in ihre Mitte nahlnen und ihn nach dem Neapolitanischen in Sicherheit brachten, nachdem er noch einmal den Bannstrahl auf deu Kaiser, den Gegenpapst und dessen Anhänger geschleudert hatte. Bald darauf (1085) starb Gregor Vii. in Salerno; die heftigen Bewegungen seines Gemüths mochten den Lebensfaden schneller zernagt haben. Als er seinen Tod sich nahen fühlte, rief er die ihm getreuen Bi- schöfe herbei und sprach: „Geliebteste Brüder, ich will keine mei- ner Thaten sehr rühmen; aber darauf vertraue ich, daß ich stets

4. Theil 2 - S. 97

1867 - Breslau : Max
Alfred von England. 95 Endlich bereinigte ein König von Wessex (in Süd-England), Egbert, alle sieben Reiche (827) und machte also der Heptar- chie ein Ende. Er war als Prinz, um sich vor den Verfolgun- gen seiner eigenen Verwandten zu retten, nach Frankreich geflo- hen und hatte am Hose Karls des Großen seine Ausbildung erhalten. Mit Kenntnissen und Erfahrungen bereichert, kam er zurück, und mit ihm begann für England eine ruhigere Zeit. Doch wurde die Ruhe manchmal durch die Landung der Dälien oder Rormänner, kühner Seeräuber, die von Dänemark und Nor- wegen aus das Meer durchschifften, gestört. Sie raubten Men- schen und Güter, und schifften dann reichbeladen nach Hause. Noch größern Ruhm als Egbert erlangte sein Enkel, Alfred, den man auch wohl den Großen genannt, und der voil 871 bis 901 über England regierte. Als Knabe hatte er nichts gelernt, weil ihn sein schwacher Vater (Ethelwolf) verzärtelte; aber seine Mutter Judith, eine Tochter Karls des Kahlen, lehrte ihm die altsächsischen Lieder. Diese machten auf sein Gemüth einen wun- derbaren Eindruck und entwickelten in ihm die Begeisterung für alles Edle und Große, die er hernach als König überall zeigte. Kaum hatte er den Thron bestiegen, so landeten neue Haufen von Dänen, die damals die Küsten nicht nur Englands, sondern auch Frankreicks und Deutschlands zu verwüsten pflegten. Nach mehrern vergeblichen Kämpfen verloren die Angelsachsen den Muth, ferner zu kämpfen, da immer neue Schaaren wie aus dem Meere aufstiegen. Vergebens rief Alfred seine Unterthanen zu einem neuen Kampfe auf. Manche flohen in die Berge, Andere über die See, und die Uebrigen unterwarfen sich den Siegern. Alfred, von Allen verlassen, von den Dänen ausgesucht, entließ seine Hoflente und flüchtete sich in Bauernkleidern. Er trat als Knecht in die Dienste eines seiner Rinderhirten, eines treuen Men- schen, der nicht einmal seiner Frau den hohen Stand seines Ga- stes verrieth. Als er nun hier bemerkte, daß die Dänen nicht mehr so eif- rig ihn aufsuchten, begab er sich nach einem Versteck in Somer- setshire (im südlichen England am Kanal von Bristol). Hier war eine von kleinen Flüssen, Morästen und Buschwerk umgebene Gegend, die Insel Athelney. Diese befestigte er; und dazu war hier-Alles so unwegsam, daß Niemand ahnte, daß sich hier Menschen aufhielten. Von hier aus griff er mit einem gesam- melten Haufen Sachsen öfters die Dänen an, die daraus wohl

5. Theil 2 - S. 178

1867 - Breslau : Max
176 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Italien. nigen, und zog wohlgemuth über die Alpen, nachdem er in Hohenschwangau sie zum letzten Male gesehen. An seiner Seite war Friedrich von Baden, sein Herzensfreund, von gleichem Alter, in gleicher Lage (denn auch ihm war sein Land entrissen worden) und von gleichem Muthe. Von Jugend auf miteinander erzogen, hatten sie die innigste Freundschaft geschlossen und jetzt geschworen, Glück und Unglück miteinander zu theilen. Sie ha- den ihren Eid auch gehalten und selbst den Tod miteinander erduldet. Als Konradino nach Italien kam, sammelten sich um ihn Die, welche mit dem Papste (Clemens Iv.) unzufrieden waren. Er ging auf Rom los; der Papst floh, indem er drohend ausrief: „Des Knaben Größe wird verschwinden, wie ein Rauch. Er zieht hin gen Apulien wie zur Schlachtbank." Inzwischen war die Freude der Römer grenzenlos. Sie führten den Prinzen auf das Capitol und schmückten ihn mit Siegeskränzen. Wie ein herabrollender Schneeball wuchs indeß Konradino's Heer, je nä- her er der Grenze Neapels kam. Als er hier die Höhe des Ge- birges erreicht hatte, von wo man in das schöne Land hinunter- schaut — welcher Anblick zeigte sich da seinen trunkenen Blicken! „Aller Schein des Nordens ist hier verschwunden; Hügel und Thäler, Felder, Wiesen und Wälder, an Bächen liegende freund- liche Häuser, an den Felsenwänden kühn hinanfgebaute Oerter zeigen sich in unglaublicher Mannigfaltigkeit, und in größerer Entfernung erscheinen, mit dem Dunkelblau des Himmels sich verschmelzend, die ruhigen Fluthen des Sees von Celano. Wie fröhlich jubelnd und aller finstern Ahnungen ledig mag Konra- dino's Heer in dies neu eröffnete Paradies hinabgeblickt haben! Was mußte der Jüngling fühlen, der dies herrliche Reich, sein Erbreich, jetzt zu seinen Füßen sah!"*) Als Konradino in ein vor ihm liegendes Thal hinabstieg, sah er Karln und sein Heer sich gegenüber am Flusse Gari- tz liano beim Dorfe Scurcola. Die Heerpauken und Trom- peten erschallten. Mit wildem Geschrei stürzten sich Konradino's kräftige Ritter auf die Franzosen, die, vom ersten Anpralle über- wältigt, ihr Heil in der Flucht suchten. Jetzt sahen die -Sieger keinen Feind mehr vor sich. Man überließ sich unbesorgt der gren- zenlosen Freude, die Beute wurde getheilt, und da es ein heißer Sommertag war, so lösten sich die Reihen auf; man legte Panzer ) Raumer in seiner Geschichte der Hohenstaufen.

6. Theil 2 - S. 213

1867 - Breslau : Max
211 Schlacht bei Morgarten. Landenberg fehlte nicht. In langem Zuge zogen die herrlichen Ritter, alle von Kopf bis zu den Füßen gepanzert, mit wallen- den Helmbüschen, in die Hohlwege der Alpen ein, auf Schwyz los. Es schien ein Wald von Lanzen sich zu nähern. Aber die Schwyzer waren wohlgemutst; ihnen kamen in der Stunde der Gefahr einige Hundert aus Uri und Unterwalden zu Hülfe, so daß es 1300 waren. Wie Wenige gegen so Viele! Aber sie stritten für ihr Vaterland, ihre Weiber und Kinder, hatten eine gerechte Sache, trauten auf Gott und waren aller Wege und Engpässe wohl kundig. Sie stellten sich auf einen Berg, an dessen Fuß ein kleiner See, der Aegsrisee liegt. Zwischen ihm und dem Berge ging der Weg, den die trefflichen Ritter von Oestreich zo- gen; die Gegend ward nachher der Morgarten genannt. So- bald die ganze schwere Reiterei in dem engen Wege war, erhoben sich die 1300, rollten große Steinblöcke, die sie oben zusammen- gebracht hatten, hinab und schleudertell mit großer Kraft Steine unter den dichtgedrängten Haufen. Jeder Stein traf. Die Füße der Pferde wurden zerschmettert; die Thiere wurden scheu, und drängten zurück in großer Angst. Aber hinten stand das Fuß- volk und drängte vor, so daß die Reiter zu ihrem Schrecken sahen, daß hier nicht zu entfliehen und daß alle Waffen unnütz seien. Jetzt, wo die Verwirrung allgemein einriß, rannten die Schweizer mit lautem Geschrei hinab, stießen und schlugen mit Hellebarden, Morgensternen, Schwertern und Keulen aus die Ritter, die in dem dichten Gewühle die Arme zu rühren und die Lanzen ein- zulegen nicht vermochten. Viele setzten mit ihren Pferden in den See hinein, vom Wasser mehr Erbarmen erwartend als von den grimmigen Schweizern. Hier fanden viele —- viele edle Ritter ihren Tod; Landenberg war unter ihnen; warum hatte er auch seinen Eid gebrochen! Herzog Leopold entkam nur mit genauer Roth, indem ein der Wege kundiger Mann ihn rettete. Aber todtenblaß und in tiefer Traurigkeit kehrte er aus diesen furcht- baren Bergen zurück. Er ist nie wieder in die Püffe der Wald- städte gekommen. Dies war die Schlacht im Morgarten (1315). Zwei Tage nach derselben kamen Abgeordnete aus den drei Urcantonen in Brunnen, das am östlichen Ufer des Vier- waldstädtersees in Schwyz herrlich gelegen ist, zusammen und schloffen den ewigen Bund, eine Vereinigung, welche dem all- gemeinen Schweizerbunde zu Grunde liegt. Wgs Leopold nicht gelungen war, wollte 70 Jahre später 14*

7. Theil 2 - S. 263

1867 - Breslau : Max
Karl Vii. Das Mädchen von Orleans. 261 ihnen sagen, „die Schlüssel aller der Städte, die ihr bezwungen wider göttliches Recht. Die Jungfrau kommt vom Könige des Himmels, euch Frieden zu bieten oder blutigen Krieg. Wählt! denn das sage ich euch, damit ihr's wißt: das schöne Frankreich ist nicht für euch beschieden!" — Die Engländer lachten. „Nun/' sagten sie, „Karl muß doch schon sehr in 'Roth sein, daß er zu Weibern seine Zuflucht nimmt." — Aber im Herzen war ihnen ganz anders zu Muthe. Abergläubisch waren sie so gut wie die Franzosen und dachten voll Angst daran, wo das Alles noch hinauswolle. Der Zug mit den Lebensmitteln brach auf; die Jungfrau führte ihn an mit der weißen Fahne, und sie sehen und die Waffen wegwerfen war bei den Engländern Eins. Ohne Schwierigkeit wurden die Vorräthe in die Stadt geschafft; Jo- hanna selbst, die nun das Mädchen von Orleans genannt wurde, hielt ihren Einzug in die befreite Stadt, deren Einwohner sie als ihre Retterin empfingen. Man richtete ihr eine gute Wohnung ein bei dem Schatzmeister des Herzogs von Orleans, entkleidete sie — denn sie war den ganzen Tag zu Pferde und unter den Waffen gewesen, und daher müde — und setzte ihr eine treffliche.mahlzeit vor. Aber mäßig wie sie war, rührte sie nichts davon an; sie nahm nur eine silberne Schale, füllte sie mit Wasser und Wein und schnitt einige Stückchen Brod hinein. Mehr aß sie nicht. Im englischen Lager war Alles wie verwandelt. Die Eng- länder waren so fest überzeugt von ihrer himmlischen Sendung, daß sie nicht gegen sie fechten wollten, und gleich die Flucht er- griffen, sobald sie sich nur mit ihrer Fahne zeigte. Daher ließen sie nun auch die Franzosen in die Stadt und aus derselben zie- hen, wie diese nur wollten. Die Franzosen, die sich bisher furcht- sam hinter den Mauern verkrochen hatten, griffen nun selbst die Engländer an und nahmen ihnen eine Schanze nach der andern weg. Bei dem einen Angriffe wurden die Franzosen zurückge- schlagen; nur Johanna wollte nicht weichen und war schon ringsum von Feinden umgeben. Da mußte sie endlich zurück, um ihre Flüchtlinge zu sammeln. Sie ließ ihre weiße Fahne wieder hoch flattern; unter ihr sammelten sich schnell die Zer- streuten wieder; sie eilte mit ihnen zurück aus den Kampfplatz und schlug die Engländer in die Flucht. — Ein ander Mal batte lie sich wieder zu weit ins Schlachtgetümmel gewagt und erhielt einen Pfeilschuß in den Hals. Das störte sie aber so wenig, daß

8. Theil 2 - S. 336

1867 - Breslau : Max
334 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen. er die Aussicht, Gefahren zu bestehen, Ruhm zu ernten und große Thaten zu verrichten. Schnell pflanzte er sein Panier vor seiner Wohnung auf und rüstete sich mit Eifer zur Abfahrt. Soldaten und Matrosen wurden angeworben, Waffen herbei- geschafft, und damit Alles recht schnell gehen und es an nichts fehlen möchte, schoß Cortez sein ganzes Vermögen dazu. Bald waren die Zurüstungen fertig. Die Mannschaft schiffte sich ein, Velasquez selbst begleitete Cortez aufs Schiff und wünschte ihm glückliche Reise. Es bestand die ganze Absendung aus 11 Schiffen, aus welchen sich, außer den Offizieren, 508 Soldaten, 100 Ma- trosen und Handwerker und 16 Pferde befanden. Von den er- steren waren nur 13 mit Flinten bewaffnet, 32 mit Armbrüsten und die übrigen mit Schwertern und Piken. Außerdem hatte man 10 kleine Kanonen. Das war die ganze Macht, mit welcher der kühne Cortez ein Reich erobern wollte, welches weit größer als Spanien war. Wie froh war Cortez, als er 1518 die Anker lichtete. Aber er mußte an einer andern Seite der Insel noch ein Mal an- legen, um noch einige Vorräthe einzunehmen; so wollte es der Statthalter. Beinahe wäre hier die ganze Unternehmung ge- scheitert ; denn kaum war Cortez abgesegelt, so hatte sich des Velasquez die Besorg:.iß bemächtigt, daß Cortez untreu werden könnte. Seine Feinde bliesen den Zweifel zum giftigsten Arg- wohne an, und so beschloß der Statthalter plötzlich, den Cortez zurückhalten zu lassen, ehe er von jener Stadt absegelte. Hurtig ertheilte er einem Richter den Befehl, sich des Cortez zu bemäch- tigen. Aber dieser besaß so viel Beredtsamkeit, daß er denselben leicht überredete: daß müsse aus einem Mißverständuisse beruhen, er solle nur erst noch ein Mal ansragen. Indessen ries er alle seine Leute zusammen. „Wollt ihr," fragte er sie, „wollt ihr dulden, daß euer unschuldiger General ein Opfer seiner Feinde werde?" — „Nimmermehr!" riefen Alle; „führe uns ans Ende der Welt; wir halten treu bei dir aus!" — So wollte Cortez sie haben. Schnell schiffte er sich wieder ein und segelte, also gegen den Willen des Velasquez, nach dem unbekannten Lande ab. Nach manchem Sturme langte er endlich an der Küste von Mexico an und hatte das Glück, hier einen Spanier zu finden, der von der Mannschaft eines Schiffes, welches acht Jahre vor- her in dieser Gegend gescheitert, noch übrig war und nun treff- lich als Dolmetscher gebraucht werden konnte; denn er war indessen

9. Theil 2 - S. 338

1867 - Breslau : Max
330 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen. Flucht ergriffen und nur mit Mühe zurückgebracht und beruhigt werden konnten. Alle diese Vorfälle erfuhr Montezuma sehr bald; denn er hielt sich Läufer, die auf allen Landstraßen in kleiner Entfernung voneinander standen, von Jugend auf im Laufen geübt waren und, sobald etwas Wichtiges vorfiel, die Nachricht davon gleich nach Mexico beförderten. Daher traf, trotz des langen Weges bis nach Mexico, welches noch 180 Stunden entfernt lag, schon in sieben Tagen die Antwort bei Cortez ein. Die beiden schon erwähnten Häilptlinge, der Statthalter und der General, über- brachten sie mit Herzklopfen. Sie lautete: Montezuma könne weder erlauben, daß fremde Krieger nach seiner Hauptstadt kä- men, noch ihren längern Aufenthalt in seinem Reiche gestatten; er ließe sie daher recht sehr bitten, doch ja recht bald wieder wegzugehen. Diese unfreundliche Bitte begleitete er mit reichen Geschenken. Sie bestanden aus äußerst feinen baumwollenen Zeuchen und Teppichen, aus Abbildungen von Thieren und Pflanzen, aus Mosaik von Federn, aus goldenen Thierbildern, kostbaren Arm - und Halsbändern mit Edelsteinen besetzt, und andern schön gearbeiteten Kunstsachen. Nichts machte aber mehr der Spanier Habgier rege, als zwei große schwere Scheiben, die eine von Gold, welche die Sonne, und die andere von Silber, welche den Mond vorstellte. Beide waren von so hohem Werthe, daß die letztere allein auf 32,000 Thaler geschützt wurde. Durch diese Geschenke hoffte Montezuma seine Bitte zu unterstützen; aber wie irrte er sich darin! Cortez erstaunte über diesen Reich- thum eines Landes, welches solche Dinge liefere, und war nun erst recht fest entschlossen, nicht zu wanken und zu weichen. Er antwortete daher auch ganz unumwunden, er könne und werde nicht eher zurückgehen, als bis er beim Kaiser zur Audienz ge- lassen sei. Die beiden Häuptlinge erstaunten über den Widerstand des Fremdlings; indessen schickten sie wieder Boten nach Mexico, meldeten Alles und baten sich Verhaltungsbefehle aus. Diese erschienen auch bald und lauteten: Montezuma verlange schlech- terdings, die Fremden sollten sogleich sich auf den Rückweg be- geben. Zugleich überreichten die Gesandten noch kostbarere Ge- schenke als das vorige Mal; denn hundert Indianer hatten Mühe, sie herbeizuschleppen. Cortez wurde immer lüsterner und antwortete nach kurzem Bedenken: er sei als Freund gekommen,

10. Theil 2 - S. 326

1867 - Breslau : Max
324 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen. sie allein trafen, und plötzlich erhielt Colombo einen unerwarte- ten Besuch von Guacanagari, der ihm insgeheim meldete, daß eine Menge Kaziken sich verschworen hätte, die Spanier gänzlich auszurotten. Er habe auch dazu treten sollen, habe es aber, aus Anhänglichkeit sür die Spanier, durchaus verweigert. Schnell suhr Colombo auf. Mit nur 200 Fußsoldaten, 20 Reitern und 20 großen Hunden ging er auf die Feinde los, die in ungeheue- rer Menge — er schätzte sie auf 100,000 (?) Mann — ihn er- warteten. So Viele gegen so Wenige! Und doch hörten die In- dianer kaum den erstell Knall der Flinten, als der ganze Schwarm mit lautem Geschrei davonlief. Hinter ihnen drein jagten die Reiter und die Hunde, und viele der Unglücklichen wurden niedergeritten oder zerfleischt. Ein schreckliches Opfer, welches Colombo der Sicherheit seiner Handvoll Spanier schul- dig zu sein glaubte! Die Entronnenen verbreiteten überallhin Schrecken vor den gewaltigen Fremdlingen. Noch war aber der gefährlichste der Kaziken, der wilde Caonabo, unbezwungen. Durch Verrätherei bemächtigte man sich seiner und schleppte ihn nach Jsabella. Hier gestand er die Zerstörung von Ravidad und die Ermordung der 39 Spanier ein und wurde zum Tode verdammt. Diese Strafe wurde ihm dann zwar erlassen, aber man schickte ihn in Ketten und Banden nach Spanien. Unter- wegs starb er. So hatten denn die Spanier fürs erste Ruhe vor den Eingeborenen, die nun so eingeschüchtert waren, daß sie, wenn sie einen Spanier erblickten, auf ihn zuliefen und sich erboten, ibn auf den Schultern zu tragen, auch Alles willig hergaben, was man von ihnen verlangte. Auch versprachen alle Kaziken, den König von Spanien als ihren Herrn zu betrachten und ihm einen jährlichen Tribut an Gold, Baumwolle und andern Producten zu geben. Indessen zog sich über Colombo ein Ungewitter herauf. Die nach Europa zurückgereisten Spanier, alle seine erbitterten Feinde, hatten ihn dort so verleumdet, daß, wer ihn nicht kannte, ihn für ein Ungeheuer von Strenge hätte halten müssen. Diese Kla- gen kamen auch zu den Ohren des Königs, und zugleich wurde ihm gesagt, Colombo sei gestorben; da befahl Ferdinand einem seiner Höflinge Juan Aguado, gleich nach Haiti zu reisen und indessen Colombo's Stelle zu vertreten; wäre dieser aber nicht todt, so sollte Aguado sich in allen Dingen nach seinen Befehlen
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